Beschreibung:

187 S., 4 farb. Abb. Originalleinen mit Schutzumschlag.

Bemerkung:

Umschlag leicht berieben, sonst sehr gutes Exemplar. Text schwarz/rot. - Der noch nicht zwanzigjährige André Gide sah in seinem ersten Buch, den "Cahiers d'André Walter", sein einziges Lebenswerk, die Summe seiner Existenz, der nichts mehr folgen würde und könnte. Dieses Zeugnis eines Frühreifen, das hier zum erstenmal in deutscher Sprache vorgestellt wird, fand 1890, in der Einsamkeit am See von Annecy, seine endgültige Gestalt. Es entstand ein lyrisches, sehr bekenntnishaftes Werk, das seinen autobiographischen Charakter nicht verleugnen konnte: Wie sein Held André Walter, so liebte auch der junge Gide seine Cousine, und wie jener rang auch er mit seiner ersten Bewährung als Autor. André Walter ist ein junger Protestant, der abgeschieden von der Welt sein Buch "Allain" niederschreibt. Das Erlebnis seiner Liebe zur Cousine Emmanuele, die Zeit der Hoffnung, der Verzicht auf eine Heirat und der Tod seiner Mutter liegen zeitlich vor der Niederschrift; im "Weißen Heft" überdenkt er diese Vergangenheit, hält sie fest in eingeblendeten Tagebuchblättern, Erinnerungen und Notizen. Dieses kompositorische Prinzip erlaubt es dem Autor, zeitlich und räumlich unbestimmtes Geschehen zu verflechten und dadurch eine Stimmung des Traumes, der Loslösung vom Realen zu schaffen. Die äußere Welt existiert nur in der Spiegelung des Ich, als Empfindung. Die Verbindung mit Emmanuele wird daher auch nicht mehr wirklich angestrebt, sondern in eine mystische Vereinigung der Seele transponiert, die das Körperliche überwindet, die Liebe sublimiert. Doch der Verzicht auf die wirkliche Verbindung ist umsonst: als Walter seinen Roman "Allain" beginnt, erfährt er vom Tode Emmanueles. Hier schließt das "Schwarze Heft" an, in der Farbe der Trauer und Verzweiflung. Walter macht sich besessen ans Schreiben; der schöpferische Prozeß wird zu einem Kampf zwischen dem Autor und seinem Helden, der für beide im Wahnsinn endet. André Gide hoffte, mit diesem Buch nicht nur sein literarisches Debüt zu geben, sondern vor allem die Neigung seiner Cousine Madeleine zu gewinnen. Er wollte sie damit warnen, eine Bindung zu negieren, die er bereits als geistig vollzogen betrachtete. Seine Hoff - nungen wurden schließlich nicht enttäuscht: Fünf Jahre später heiratet er jene, die als Emmanuele in seine Bücher einging. Und auch die Reaktion seiner berühmten Kollegen auf dieses erste Buch war außergewöhnlich positiv: Maeterlinck, Barres, Mallarme schrieben ihm begeisterte Briefe, Gourmont verglich den "André Walter" sogar mit dem "Werther". Zu Recht wurde unlängst im "Times Literary Supplement" auf die erstaunliche Vorwegnahme der zentralen Themen späterer Autoren hingewiesen, die Gide mit diesem Frühwerk gelang. - Inhalt: Vorwort von 1930 -- Vorwort zur endgültigen Ausgabe der Tagebuchaufzeichnungen und Gedichte des André Walter -- Die Aufzeichnungen des Andrée Walter -- Das Weiße Heft -- Das Schwarze Heft -- Die Gedichte des Andrée Walter -- Anhang -- Nachwort - Anmerkungen - Bildnachweis.