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204 S. : 95 Ill. ; 26 cm. Fadengehefteter Originalpappband mit Schutzumschlag.
Bemerkung:
Gutes Ex. - Vorsatz mit WIDMUNG u. Signiert von Max Rose. - Der unpathetische Lebensbericht des 1906 geborenen Berliner Bildhauers Max Rose ist ein Dokument einer Epoche., die immer mehr in die Vergangenheit zurücksinkt und doch in schmerzhafter Weise an die Gegenwart gekettet bleibt. Die Beschäftigung mit dieser Zeit ist wie bei keiner anderen Pflicht. Das gilt auch für ihre Kunst. Zwei Weltkriege und die turbulente Zeit dazwischen haben dem Autor übergenug harten Lebensstoff geliefert. Schicksal und Charakter haben ihn in der Phase des Wiederaufbaues von einer Teilnahme am Wettlauf um Geltung ferngehalten und ihm den Posten eines Beobachters angewiesen. Unempfindlich gegen die Versuchung, das eigene Künstlertum in ein schmeichelhaftes Licht zu tauchen, hat er sich selbst genauso wie andere Menschen gesehen. Abbildungen der Skulpturen von Max Rose, der in Berlin vor allem durcheineAnzahlvon Brunnen bekannt geworden ist, geben Gelegenheit, Wort und künstlerische Tat, den knappen Stil der Feder mit dem des Meißels, zu vergleichen. (H. Börsch-Supan) // "In meiner Geburtsurkunde ist ordnungsgemäß eingetragen und beglaubigt, daß ich am I.November 1906 unehelich in Breslau geboren wurde. Das war kein großes Ereignis. Weder Gewitter oder gar schwere Stürme brausten durch die Stadt. Es geschah nichts Spektakuläres. Ich war einfach da. Allerdings, und das ist gewiß, zur Last meiner armen Mutter: Denn ein gewisser Ernst Henoch hatte sich zwar bereit erklärt, die Vaterschaft anzuerkennen, doch er kümmerte sich nicht um mich. Ich kannte ihn überhaupt nicht. Ich habe ihn niemals gesehen. So mußte meine Mutter mich allein durchbringen. Ohne Hilfe. Auch ohne Hilfe vom Staat, nach dem doch heute alle schreien, wenn etwas schiefgeht. FürmeineMutterwardarum meineGeburt einschwerer Schlag. Sie arbeitete als Näherin. In Heimarbeit. In meiner Erinnerung sehe ich sie ständig an der Maschine sitzen. Immer nähend, von früh bis spät. Das Surren der Maschine läutete gewissermaßen mein Leben ein. Dieses Leben, nur durch Arbeit bestimmt, war eintönig. Es passierte kaum etwas Besonderes. Zuweilen wurde das Einerlei unterbrochen durch einen auf dem Hof singenden Bettler oder durch das Spiel eines Leierkastenmannes. Wie man mir sagte, waren das ganz arme Leute, die sich mit Betteln durchs Leben brachten. Das bewegte mich sehr. Warum waren diese Menschen so arm, daß sie betteln mußten, fragte ich mich. Daß wir auch arm waren, kam mir gar nicht in den Sinn. Wir hatten doch, was wir brauchten. Ich vermißte nichts. So freute ich mich immer, wenn ich dem singenden Bettler oder dem Leierkastenmann einen Sechser hinunterwerfen durfte. Diese Bettler brachten doch Poesie und Abwechslung ins Haus! Und ein Sechser, das war schon etwas. Dafür konnte man sich manches kaufen. Kuchenkrümel beim Bäcker zum Beispiel. Der Sechser für die Bettler, ja, auch die Kuchenkrümel, das sind wohl die ersten Begebenheiten, über die ich zu berichten weiß. Vielleicht wäre noch erwähnenswert der Besuch einer Messe in der Jahrhunderthalle von Breslau. Da war mir alles neu und fremd und völlig unbekannt. Die riesige Halle beeindruckte mich sehr. Ein bedeutendes Erlebnis war der Besuch des Kaisers in Breslau. Für alle war das ein Ereignis allerersten Ranges. Tausende begeisterter Menschen jubelten dem Monarchen zu, wenn er hoch zu Roß mit seinem Gefolge durch die Straßen ritt, zumeist in der stählernen Rüstung der Kürassiere, in der sich glitzernd die Sonne spiegelte. Für das Kind war der Anblick dieser Pracht überwältigend. Das also war der Kaiser, Seine Majestät von Gottes Gnaden, von dem man bisher nur gehört hatte. ?" (S. 7) ISBN 3922912141