Beschreibung:

gr.8°. XVI, 731, (1); XII, 750, (2) S. Einfache Original-Pappbände d. Zt. 2 Bde.

Bemerkung:

David Friedrich Strauß (* 27. Januar 1808 in Ludwigsburg; + 8. Februar 1874 ebenda), deutscher Schriftsteller, Philosoph und Theologe. "Das Leben Jesu kritisch bearbeitet" machte Strauss mit einem Schlage zu einem von den berühmtesten und gefürchtetsten in der zeitgenössischen Litteratur. Die epochemachende Bedeutung dieses Werkes beruht auf der grundsätzlichen Entschiedenheit, mit der sein Verfasser den herrschenden Auffassungen der evangelischen Geschichte eine neue entgegenstellte, der Kühnheit und Folgerichtigkeit, der dialektischen Gewandtheit und schriftstellerischen Meisterschaft, womit er seinen Standpunkt an dem Gegenstand seiner Untersuchung durchführte. Hatten Supranaturalisten und Rationalisten bis dahin an dem streng historischen Charakter der biblischen Erzählungen festgehalten und ihr Gegensatz sich darauf beschränkt, daß die Wunderberichte von jenen als solche stehen gelassen, von diesen ins Natürliche umgedeutet wurden; war auch Schleiermacher in der Hauptsache nicht über die rationalistische Exegese, die Hegel'sche Schule, nach dem Vorgang ihres Meisters, nicht über eine unklare Gleichsetzung des Historischen und Speculativen hinausgekommen, und hatte selbst die weitgehendste Kritik höchstens in den Außenwerken der evangelischen Geschichte einzelne sagenhafte Zuthaten anzuerkennen gewagt, so führte St. mit einer in alles Einzelne eingehenden Gründlichkeit den Beweis, daß ein großer Theil der evangelischen Erzählungen nicht aus geschichtlichen Berichten, sondern aus Dichtungen bestehe, und er behauptete dies insbesondere von allen Wundergeschichten, das Hauptwunder der Auferstehung miteingeschlossen, von den Reden Christi im vierten Evangelium und von der ganzen ihm eigenthümlichen Schilderung seiner Person und Geschichte. Jene Dichtungen erklärte er aber nicht für das bewußte Werk bestimmter Personen, sondern für ein Erzeugniß des christlichen Gemeingeistes, für eine mythische Umbildung der Geschichte, bei der sich die religiöse Phantasie, ohne sich dessen bewußt zu sein, von einem doppelten Motiv habe leiten lassen: einerseits vondem Bestreben, den Stifter des Christenthums in immer zunehmendem Maaße zu verherrlichen, andererseits von dem Bedürfniß, in ihm die Erfüllung der messianisch gedeuteten alttestamentlichen Aussprüche und Vorbilder, überhaupt alle die Züge nachzuweisen, aus denen sich das Messiasbild jener Zeit zusammensetzte, und zu denen namentlich auch die Aehnlichkeit mit Moses und seiner Geschichte gehörte. St. hat später selbst anerkannt, daß diese Erklärung des Ungeschichtlichen in den evangelischen Berichten nur theilweise genüge; aber an der Berechtigung seines Angriffs auf ihre Geschichtlichkeit hat er jederzeit entschieden festgehalten. Was er mit diesem kühnen Angriff gewagt hatte, und wie tief er damit in die Ueberzeugungen der Zeit einschnitt, zeigte sich sofort an der Bewegung, die derselbe hervorrief. Kein theologisches Werk, seit den Wolfenbüttler Fragmenten, hat gegen seinen Urheber einen solchen Sturm entfesselt, wie das "Leben Jesu". Die wissenschaftliche Arbeit der protestantischen Theologen drehte sich Jahre lang fast nur um dieses Buch. Hunderte von Entgegnungen jedes Umfangs erschienen, von allen Standpunkten und in allen Tonarten, in der Regel aber mit leidenschaftlicher Gehässigkeit, wurde es bestritten; und wenn St. im Vorwort seines ersten Bandes seine Leser auf die Schlußabhandlung vertröstet hatte, welche den dogmatischen Gehalt des Lebens Jesu als unversehrt nachweisen werde, so konnte diese doch mit ihrem Endergebniß, daß nur die Menschheit, aber kein Einzelner, das Subject der Prädicate sein könne, welche die Kirche dem Gottmenschen beilegt, solchen, denen gerade an der Einzelpersönlichkeit des Gottmenschen alles gelegen war, selbstverständlich nur als ein weiterer schlagender Beweis für die Gefährlichkeit des Kritikers und der Schule, aus der er hervorgegangen war, erscheinen. Die württembergischen Staats- und Kirchenbehörden warteten den Abschluß des Werkes nicht ab, ehe sie über den Verfasser desselben eine Maßregel verhängten, welche in seinen Lebensgang tief eingriff. Alsbald nach dem Erscheinen des 1. Bandes wurde St. seiner Repetentenstelle in Tübingen enthoben und als Professoratsverweser auf ein Schulamt in seiner Vaterstadt versetzt, das weder seinen Fähigkeiten noch seinen Wünschen entsprach. Er hielt es jedoch nicht über ein Jahr darin aus: im Herbst 1836 gab er es auf und verlegte seinen Wohnsitz für sechs Jahre nach Stuttgart. Er wohnte hier allein in einem kleinen Gartenhause innerhalb der Stadt und führte, in seine Arbeiten vergraben, ein zurückgezogenes Gelehrtenleben, in welches neben dem Verkehr mit näheren Freunden nur Kunstgenuß und ab und zu eine kurze Reise einige Abwechslung brachte." Zeller, E., Strauß, David Friedrich in: Allgemeine Deutsche Biographie 36 (1893).

Erhaltungszustand:

(Einbände stärker berieben und bestossen, Besitzerst. a. Titel, Buchblöcke gut).