Beschreibung:

Einspaltiges, 40-zeiliges O-Inkunabelblatt mit einem Holzschnitt (7,6 x 6,7 cm) auf festem Papier. Winziger Sammlerstempel, heller Wasserrand, drei kl. Einrisse im Rand, etwas fingerfleckig in der Ecke und kl. handschriftliche Seitenzahl von alter Hand (190). Rotgestrichene Majuskeln und blaues Rubrikzeichen. Blattgröße: 19,9 x 28,3 cm. Incunable woodcut leaf.

Bemerkung:

Seltenes Inkunabelblatt! Der Gedenktag der heiligen Agnes von Rom ist am 21. Januar. Keine der Märtyrerinnen genoss schon früh solche Verehrung wie Agnes. Schon der Märtyrerkalender von 354 und Ambrosius von Mailand berichteten erste Züge ihrer Legende. Diese betont die Schönheit und Glaubenssicherheit der zwölfjährigen Agnes. Der Werbung des Sohnes des Stadtpräfekten trat die vornehme Römerin ablehnend gegenüber mit der Begründung, sie sei schon verlobt. Mehrfache Nachfrage des Jünglings beantwortete sie schließlich damit, ihr Verlobter sei Jesus Christus. Agnes wurde nun vor Gericht gestellt, aber alle Vorstellungen, Bitten und Drohungen des Richters konnten ihre Standhaftigkeit nicht erschüttern. Da befahl er, sie nackt auszuziehen und zur Prostitution zu zwingen. Aber ihre langen Locken umhüllten sie wie ein dichter Mantel, ein Engel brachte ihr ein Lichtgewand, von dem das ganze Haus durchstrahlt wurde. Der Sohn des Präfekten suchte sie mit seinen Gesellen im Bordell auf, geblendet wichen sie zurück; er selbst fiel, vom bösen Geist erwürgt, tot um, als er Agnes berühren wollte. Durch ihr Gebet ins Leben zurückgerufen, ließ er sie als Zauberin denunzieren. Der Präfekt wagte weder, sie zu retten, noch sie zu verurteilen, ging außer Landes und überließ sie einem anderen Richter. Dieser ließ sie im Stadion des Domitian in ein großes Feuer werfen, aber die Flammen wichen vor ihr zurück. Da befahl er, dass man ein Schwert durch ihre Kehle stoße. Eltern und Freunde begruben Agnes in einer heute nach ihr benannten Katakombe an der Via Nomentana und hielten die Totenwacht. In der achten Nacht sahen sie einen Reigen schöner Jungfrauen, in ihrer Mitte Agnes in goldenem Kleid, den Ring ihres Verlöbnisses mit Christus am Finger, ein weißes Lamm zu ihrer Rechten, das Lamm, auf das Johannes der Täufer und die Apokalypse hinwiesen. Agnes wird schon seit dem 4. Jahrhundert als Märtyrerin verehrt. Um 350 wurde über ihrem Grab eine von Konstantia gestiftete Kirche erbaut; sie stand unmittelbar neben dem Mausoleum der Kaisertochter. Die heutige Kirche Sant' Agnese fuori le mura an etwas anderer Stelle geht auf einen Bau zurück, der im 7. Jahrhundert von Papst Honorius erneuert wurde und seitdem unverändert ist. In Kunstwerken wird Agnes oft mit einem Lamm dargestellt. Die Kirche in Rom segnet jedes Jahr an ihrem Festtag zwei Schafe, aus deren Wolle dann das Pallium hergestellt und vom Papst an die Erzbischöfe als Insignie ihrer Rechtsprechung überreicht wird. Der italienische Prediger und Schriftsteller Jacobus de Voragine (Viraggio) aus dem heutigen Varazze bei Genua lebte von 1230 - 1298. Der Dominikaner Jacobus de Voragine fügte aus der Bibel, den Apokryphen, verschiedenen Akten sowie überlieferten Geschichten, die Lebensgeschichten der Heiligen zur Legenda Aurea. Das Werk in volkstümlicher lateinischer Sprache geschrieben, wurde zum populärsten religiösen Volksbuch des Mittelalter. Die deutschen Übersetzungen der Legenda Aurea wurden das Leben der Heiligen oder Der Heiligen Leben genannt. Zahlreiche Anzeichen deuten heute darauf hin, dass zwischen 1384 und 1421 im Umkreis des Dominikanerordens in Nürnberg eine neue Kompilationen der Heiligenlegenden entstand, die unter Einbeziehung der Legenda aurea, stärker auf den deutschsprachigen Glaubensraum bezogen waren. So wurden in diesem Legendar Bonifazius, Gallus, Kilian oder Magnus von Füssen aufgenommen. Dieser deutsche Legendar übertraf in seiner Verbreitung die Leganda Aurea. (Becker; Overgaauw: Aderlass + Seelentrost 2003, 219).