Beschreibung:

Einspaltiges, 40-zeiliges O-Inkunabelblatt mit einer vierzeiligen und dreizeiligen Holzschnitt-Initiale und einem dreiviertelseitigen Holzschnitt (11,6 x 13,6 cm). Die Kopfbedeckung von zwei Soldaten auf dem Holzschnitt ist schwach ankoloriert. Handschriftliche Eintragung der Seitenzahl von alter Hand. Ein Wurmloch. Blattgröße: 18,8 x 25,4 cm. Incunabula text woodcut leaf. - - -

Bemerkung:

Die geistliche Auslegung des Lebens Jesu Christi ist eine freie deutsche Bearbeitung von Ludolf von Sachsens 'Vita Christi'. Ludolf von Sachsen (um 1300-1377/78) war Dominikaner und Magister der Theologie. Er lebte in den Kartausen von Straßburg, Koblenz und Mainz (Bayerische Staatsbibliothek, G-63). Der "Biograph" der Inkunabelholzschnitte Albert Schramm schreibt 1922: Die "Gaistliche ußlegong des lebens Jhesu Cristi", die schon immer wegen eines Teiles seiner Holzschnitte die Aufmerksamkeit der Bücherliebhaber auf sich gezogen hat, ist wegen seiner Seltenheit freilich nur Wenigen zu Gesicht gekommen (Insel-Bücherei, Nr. 350). Die Ausstattung der Bücher mit Holzschnitten wurde zumeist einem Reisser anvertraut. Ausnahmen sind selten. Die Holzschnitte der "geistlichen Auslegung" waren ursprünglich für andere Bücher oder Einzelblätter, die heute nicht mehr nachzuweisen sind, bestimmt gewesen (F. Winkler: Dürer und die Illustrationen zum Narrenschiff 1951). Diese hier vorliegende mittelalterliche Darstellung orientiert sich, wie alle Inkunabelholzschnitte bis etwa 1490, sehr stark an vorgeprägten Mustern. Individueller Ausdruck war den Künstlern des Mittelalters weitgehend fremd, da der Zeitgeist allgemeingültige und verständliche Ausdrucksmittel verlangte. Eine Eigenart dieses Holzschnitts ist die Schnittrahmung, die rechts und links bis zur Terrain- bzw. Horizontbegrenzung durchgezogen ist. Sie taucht schon bei Zainer im 10 Jahre älteren Aesopus auf. Diese Art der Teilrahmung beruht auf einer alten Tradition, die schon im sechsten Jahrhundert nachgewiesen wurde. (vgl. Niklas Holzberg: Der Äsop-Roman, 1992).