Beschreibung:

XX; 354 S. Fadengehefteter Originalpappband.

Bemerkung:

Sehr gutes Ex. - Bei dem Bestreben, den ferner liegenden Quellen der Systeme Fichtes, Schellings und Hegels nachzugehen bin ich auf die deutsche Mystik des 14ten Jahrhunderts zurückgeführt worden. Gleich als mir zuerst die Gestalt des Meister Eckhart entgegentrat, fesselte sie mich mit unwiderstehlicher Gewalt. Was ich bei ihm fand mitzutheilen gab mir der Auftrag meines Freundes Ueberweg Veranlassung, der einen von mir ausgearbeiteten Paragraphen über die deutsche Mystik dem zweiten Theile seines Werkes: "Grundriss der Geschichte der Philosophie" in der 2ten und 3ten Auflage eingereiht hat. Aber gerade bei der Ausarbeitung dieses Paragraphen stellte es sich mir als nützlich dar, den Gegenstand in weiterem Umfange zu behandeln. ... Meine Absicht war, einen Beitrag zu liefern zu der Geschichte des philosophischen und des religiösen Gedankens in Deutschland und der Nation einen ihrer grössten Söhne näher zu bringen. Eckhart erscheint mir als ein rechtes Spiegelbild deutscher Eigenthümlichkeit, seine Bedeutung für dasCulturleben des deutschen Volkes als eine sehr grosse. Ich möchte annehmen, dass in aller Stille der Einfluss der von ihm zuerst ausgesprochenen Gedanken bis auf diesen Tag fortdauert. Es war darum nicht bloss ein historisches Interesse, welches mich geleitet hat; es galt das Neueste mit dem Alten in die naturgemässe Verbindung zu bringen, welche in dem gemeinsamen Grunde und Boden des deutschen Volksgeistes liegt. Selbst auf die Gedankenkreise der unmittelbaren Gegenwart möchte die erneuerte Bekanntschaft mit Eckhart nicht ohne Einfluss bleiben. Eine in vielen Zügen der alten Mystik verwandte Speculation, welche die nüchterne Verstandesansicht verdrängt hatte, ist ihrerseits von der Richtung auf einen starren Dogmatismus verdrängt worden, der nun schliesslich so weit gediehen ist; dass er in endlosen und inhaltlosen Streitigkeiten zwischen Union und Confession sich selbst vernichtet. Daneben geht die zersetzende Arbeit der historischen Kritik, welche nicht allein die gültigen Quellen göttlicher Offenbarung, sondern mit ihnen zugleich den Inhalt christlicher Lehre beseitigen möchte. Wie die fundamentalen Ideen des Christenthums alle ihre Macht und Bedeutung selbst dann behaupten, wenn von der strengen Geschlossenheit einer in Verstandesbegriffen fixierten Dogmatik und von dem alleingültigen Werthe der Offenbarungsquelle abgesehen würde, das kann das Beispiel der deutschen Mystik lehren. Vor allem aber ist es die ethische Grundanschauung des Meister Eckhart, welche auch für das jetzt lebende Geschlecht ein nicht bloss geschichtliches, sondern unmittelbares Interesse in Anspruch zu nehmen berechtigt scheint. Die vorliegende Schrift will wesentlich für das Studium Eckharts nur eine Anregung sein. Die reichlich mitgetheilten Stellen aus seinen Schriften mögen wie eine Art von Commentar dienen. Ich habe diese Stellen vollständig in unsere gegenwärtige Sprache zu übertragen gesucht; denn es war mein Ziel, das Verständniss zu erleichtern und den Ideenkreis Eckharts der Gegenwart näher zu bringen. Ich glaube ohne Sorgfalt nirgends verfahren zu sein. Dass manches mir misslungen sein wird, ist wahrscheinlich; meine Hoffnung geht dahin, dass recht Viele sich bemühen werden, meine irrthümlichen Auffassungen zu berichtigen. (Vorwort)